(English readers: this blog post contains a German translation of an essay by Douglas Rushkoff – please read the English original.)
Über Twitter hat mich ein Link auf einen kurzen Aufsatz von Douglas Rushkoff erreicht, in dem er interessante Gedanken zum Sinn des Lebens in den Raum stellt. Mir hat der Aufsatz sehr gut gefallen, weshalb ich ihn nach bestem Wissen ins Deutsche übersetzt habe:
Ich kann es lediglich anekdotenhaft belegen, aber ich glaube, dass die Evolution ein Ziel und eine Richtung hat. Es erscheint offensichtlich, ist jedoch absolut nicht nachweisbar: Materie entwickelt sich in Richtung höherer Komplexität. Obwohl Naturgesetze – und Zeit an sich – erfordern, dass Objekte und Lebewesen Langlebigkeit und Nachhaltigkeit zum Überleben erlangen, kommt es mir so vor, als ob das eher ein Mittel zum Zweck, als ein Zweck an sich ist.
Die Theologie kommt recht weit damit, der Materie und Vorgängen eine Bedeutung zuzurechnen, indem sie Leben als “Materie die in Richtung Gottheit strebt” beschreibt – oder als Prozess durch den die Gottheit Materie zu sich zurückholt – aber Theologen machen immer den Fehler, diese Vorstellung vom Sinn des Lebens an der Vergangenheit festzumachen, anstatt an der Zukunft. Das ist ganz natürlich, da die gedanklichen Strukturen, die wir verwenden um die Welt zu verstehen, dazu neigen, Anfänge, Mittelteile und Enden zu haben. Um den Ausgang der Geschichte erleben zu können, müssen wir ihn eingebaut in den ursprünglichen Plan der Geschehnisse sehen.
Weiterhin ist es für Menschen schwierig damit fertigzuwerden, dass wir mit großer Wahrscheinlichkeit einfach nur überentwickelte Pilze und Bakterien sind, die sich durch eine Galaxie im kalten und bedeutungslosen Weltall bewegen; unsere Existenz könnte unabsichtlich, bedeutungslos und zwecklos sein. Das schließt aber Bedeutung oder Zweck nicht als Ergebnis unserer Interaktion und Zusammenarbeit aus. Bedeutung ist möglicherweise keine Voraussetzung für die Menscheit, sondern vielmehr ein Nebenprodukt dieser.
Deshalb ist es so wichtig, zu erkennen, dass die Evolution in ihrer höchsten Form ein Mannschaftsspiel ist. Darwin behauptet in seinen späteren, weniger bekannteren aber bedeutenderen Werken, dass das Gesetz des Überlebens der bestangepassten Individuen eigentlich nicht auf Individuen anzuwenden ist, sondern auf Gruppen. Genau wie heute postuliert wird, dass Mücken beim Stechen Juckreiz verursachen um bei ihren Opfern schweißtreibende Nervosität auszulösen und somit anderen Stechmücken die Ortung erleichtern, so sind größere Sprünge in der Entwicklung der Menschheit – von Clanbildung bis zum Städtebau – Erträge der Zusammenarbeit. Eine größere Überlebenschance ist genauso ein glücklicher Nebeneffekt guter Zusammenarbeit, wie sie ein Zweck ist.
Könnten wir aufhören, Sinn und Zweck als Schöpfungen irgendwelcher Gottheiten aufzufassen, und stattdessen als Ergebnis unserer eigenen kreativen Zukunft zu sehen, würden sie zu Zielen, Absichten und Vorgängen werden, die tatsächlich erreichbar sind – an Stelle von Schatten einer kindlichen, abergläubischen Mythologie.
Ein Beweis ist unmöglich, da er selbst zur Entwicklung beiträgt. So wie der Versuch den Horizont zu erreichen lediglich Weiterreisen erforderlich macht.
(falls jemand Verbesserungsvorschläge zur Übersetzung hat, nur her damit 🙂 )